Postfiliale des Grauens (außerhalb Berlins)

Nicht nur in Berlin gibt es schreckliche Postfilialen. Auch Delmenhorst hat so eine. Und dank Privatisierung zur AG auch wirklich nur noch diese eine, zumindest wenn man gezwungen ist, die nicht ausgelieferten Päckchen und Pakete an dieser Sammelstelle abzuholen. Was für berufstätige Menschen leider häufiger vorkommt.
Ich habe das Glück, mit einer in Elternzeit befindlichen Frau quasi eine Päckchenannahmestelle im Hause zu haben und war so schon lange nicht mehr genötigt worden, die Postfiliale des Grauens aufzusuchen. Wenn es hoch kommt, in den letzten 12 Monaten vielleicht ein einziges Mal. Letzte Woche war es gleich dreimal! Es war der Horror. Ein typischer Besuch in der PfdG sieht in etwa so aus:

Ankunft bei der PfdG. Die vorderen viereinhalb Parkplätze sind besetzt. Der Behindertenparkplatz auch. Durch ein Paketwagen der DHL. Ich fahre weiter auf den großen Parkplatz hinter der Post, auf dem geschätzte dreiundachtzig Parkplätze zur Verfügung stehen. Das Parken ist hier für Kunden verboten. Nur Beamte Angestellte und Postfahrzeuge. Der Punk kommt durch. Jedes verfickte Mal. Denn jedes verfickte Mal gibt es nur hier Parkplätze. Also ignoriere ich gekonnt die Verbotsschilder und parke hier. Und nur hier.
Ich betrete die PdfG. Soll heißen, ich versuche es. Und es bleibt erstmal beim Versuch. Die Warteschlange schlängelt sich an den Kartenständern, Adressaufklebertischen und den Reklameschildern (WiderlICH! Im Schritt zahl ICH!) vorbei bis zum Geldautomaten, wo die Neuankömmlinge die Orientierung des Warteschlangenendes verlieren. Alles hat ein Ende, nur die Wurst und die Warteschlangen bei der Post haben zwei…ich lache laut auf, mehr aus der Verzweiflung heraus und füge mich wie die anderen dem nichtexistenten Gott gegebenen Schicksal. So grausam könnte kein Gott sein…
Eine ganz normale Warteschlange in freier Postwildbahn
Vor mir steht eine Frau mit einem Paket, dass in etwa ihre Größe hat. Und von ihrer Gesichtsfarbe zu urteilen auch ihre Gewicht. Mitleid flammt auf, aber aus Mitleid von Personen hinter ihr wird die Schlange nicht kürzer. Dahinter ein Frauenpärchen, Mutter und Tochter, offensichtlich. Noch offensichtlicher will Mutter lieber die Schwester sein. Ich will nicht mal in der Nähe dieser beiden sein. Aber hier werde ich dazu gezwungen, mir die pinklackierten Pornoplastikschaufeln (danke für die Inspiration Underdog!) anzuschauen, während die vermeintliche Spitze der Evolution auf ihrem Smartphone umständlich herumtippelt und geistigen Dünnschiss in Richtung der einzigen Zuhörerin absondert. Ein Beispiel für bedingungslose Mutterliebe, das hier zu sehen ist. Live und in Farbe.
Hinter mir sind wenigstens keine Nazis (runterscrollen, da kommt noch Text). Dafür mit der Gesamtsituation unzufriedene. Was in Deutschland lautes Meckern ohne weitere Konsequenzen bedeutet. Also nicht wie in Frankreich, Griechenland oder anderen zivilisierten Ländern zu Protesten, Straßenbarrikaden und brennenden Regierungsämtern, sondern zum lauten Meckern bei der Post. Aber am Wahltag doch wieder das Kreuz bei der Mutti machen, weil die so einen tollen Job machen bei der CDU. Und stehen im Ergebnis dieses tollen Jobs bei der privaten Post die Beine in den Bauch, in dem schon das Gehirn sich seinen Platz gesucht (und gefunden) hat.

Kurz bevor der Akku schlapp macht, ruft Tim an. Ich bitte ihn, ein Survivalpaket abzuschicken, dass ich gleich mit abholen kann. Er nimmt meine letzten Worte entgegen und verspricht mir, sich um Steffi und Nicolas zu kümmern.
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Ein Kieselstein, den ich unter dem Kartenständer gefunden habe, rettet mich vorerst vorm Verdursten, als ich das andere Ende der Warteschlange zu sehen glaube. Mein Gehirn mag mich täuschen, weil das Gesabbel des Camouflage-Leggings-tragenden Evolutionsopfers das Ausdörren meiner geistigen Schaltzentrale beschleunigt hat. Doch an diesem Tag habe ich Glück. Ein kurzer Blick zurück auf die Schlange hinter mir beweist, dass die Postangestellten ein untrügliches Talent dafür besitzen, die Schlange nicht zu verkürzen.

Ich bin endlich an der Reihe. Ich schiebe das Kärtchen und den Ausweis über den Tresen. Der Postler bemerkt, dass ich noch das alte System habe und ob ich nicht das neue System benutzen möchte. Noch ganz in Abwesenheit eines funktionierenden Gehirns frage ich vorsichtig nach:

I: Häh?!
P: Sie benutzen noch das alte System, wenn sie das neue System nutzen, bekommen sie Benachrichtigungen per SMS.
I: Was ist das denn für ein System?
P: Wenn ein Päckchen für sie kommt, bekommen sie eine SMS und können dann ihr Päckchen abholen, statt mit der Karte.
I: Und, äh, was genau habe ich davon (denn ihr habt dann ja meine Handynummer, auf die ihr mir ganz unverbindlICH „interessante“ Infos schicken könnt)?
P: Sie können dann ihr Päckchen noch am selben Tag abholen.
I: Ja, wow! Ich kann mich dann einen Tag früher in die Schlange stellen. Das ist ja echt ein toller Fortschritt! Nein, ich denke nicht, dass sie meine Handynummer brauchen ich das neue System brauche.

Einen Hinweis auf das tolle Postbankkonto klemmt sich die Wurst ausnahmsweise mal und entlässt mich in die frische Luft.
Freiheit! Naja, fast. Noch nicht ganz.
Draußen auf dem Parkplatz üben sich die neueren Neuankömmlinge in der Wiederlegung von Darwins „Survival of the fittest“. „Survival of the Dummdreistesten“ trifft es hier schon eher. Auf dem Behindertenparkplatz steht jetzt kein DHL-Paketwagen mehr. Der steht jetzt direkt davor, um die Fußgänger die von oder schlimmer, zur Post wollen, um sein Wagen herum zu zwingen. Außerdem kann hier auch kein Auto mehr den Parkplatz verlassen, weshalb sich der Zugangs- und Abgangsverkehr bei der letzten verbliebenen Auf- und nun ja, auch Abfahrt wiederfindet. Da ist es dann egal, ob man nach links auf den kleinen Parkplatz nicht kommt, weil einer versucht auszuparken und noch darauf wartet, dass der hinter ihm vom Hof fährt, was er aber nicht kann, weil der, der nach links will, dem wiederum den Weg versperrt. Und Recht hat hier immer der Dümmste, bzw. er fordert es am lautesten ein. Was die etwas schlaueren, darunter auch meine Wenigkeit, der jetzt geradeaus auch nicht mehr durchkommt, weil der am lautesten Hupende sich immer noch im Recht sieht, auch zum Hupen zwingt, um die Aufmerksamkeit des Dümmsten zu bekommen, und ihn auf eben seine ganz spezielle Dummheit hinzuweisen. Aber spiele nicht mit Schweinen. Es werden alle dreckig und nur das Schwein genießt es…Ein Trauerspiel. Aber auch das geht vorbei und man wünscht sich beim schnellstmöglichen Verlassen des Areals nur noch, so schnell nicht wieder herkommen zu müssen.

Danke, liebe Post AG…

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